… und plötzlich ist Krieg

Es ist Donnerstag. 6.00 der Wecker klingelt. Nur noch einmal auf die Schlummertaste drücken. Na gut ein zweites Mal, so viel Zeit muss sein.

Ich schaue auf mein Handy die Tagesschau-APP zeigt es mir an. Krieg in der Ukraine. Es ist wirklich passiert. Putins Säbelrasseln mündete in einem Angriffskrieg auf die Ukraine. Nicht nur aus der zu erwarteten  Richtung im Osten mit den Gebieten Luhansk und Donezk, sondern von drei Seiten auch über Belarus.

Ich schaltete das Morgenmagazin von ARD und ZDF an, nachdem ich die Kinder zur Schule brachte. Mein erster Diensttermin war erst um 10.00 Uhr. Ich konnte es nicht glauben.

Geistesgegenwärtig, während ich den Nachrichten zuhörte, backte ich 48 Mini-Muffins für die Faschingsfeier in der 1. und 4. Klasse, die am nächsten Tag stattfinden sollte.

Und während ich müßig den Teig in die Förmchen füllte, dachte ich nur: Was mach ich hier eigentlich? Ich sollte gerade irgendwas anderes tun, aber bestimmt nicht Muffins backen. Das fühlte sich so surreal und auch falsch an.

Am Mittag nach meinem Termin zündete ich mit Dana eine Kerze in St. Johannes an. Wir beteten, hielten inne und ich sang komm Herr segne uns, die erste und dritte Strophe und stellte es bei Instagram ins Netz.“ Frieden gabst du schon, Frieden muss noch werden, wie du ihn versprichst uns zum Wohl auf Erden“.

Irgendetwas musste ich doch tun.

Als die Kinder am Nachmittag aus dem Hort kamen, sprachen wir über das Geschehene. Ich erzählte ihnen, was ich am Mittag in der Kirche gemacht habe.

Mein 9-jähriger Sohn fragte: „Aber Mama, meinst du denn ein Lied singen reicht?“ Ich schluckte. „Nein, du hast natürlich recht ein Lied singen reicht nicht.“ Und wir sprachen darüber, was Solidarität bedeutet und was es bedeutet für jemanden oder etwas zu beten. Meine 6-jährige Tochter lauschte am Rande dem Gespräch während sie ihr Waldfeenkostüm Probe anzog, dann fragte sie: „Mama, was ist eigentlich Krieg?“ Ich schluckte wieder. Schluckte, weil ich diese Frage nicht mit einem Satz beantworten konnte und gleichzeitig, weil mir bewusst wurde, dass weder sie noch ich noch meine Eltern jemals mit Krieg konfrontiert worden waren. Wir lebten und leben in Frieden, aber er bekommt Risse.

Kinder haben die große Gabe sich auch schnell wieder anderen Themen zuzuwenden und so war die Ukraine an dem Abend kein Thema mehr. Wohl aber für mich als um 21.50 mich eine E-Mail der Schulleiterin erreichte:

Liebe Eltern und Erziehungsberechtigte, liebe Schulgemeinschaft,

die schrecklichen Nachrichten des Tages entsetzen und besorgen uns. Bilder aus der Ukraine füllen aktuell das Fernsehen und die sozialen Medien.

Auch „unsere“ Kinder haben diese Nachrichten längst erreicht. Sie sind diesen ausgesetzt und erleben die zu Recht besorgten Reaktionen der Erwachsenen. Die Geschehnisse überfordern uns – wie mag es dann erst für die Kinder sein.
Leider hat es bereits heute einen heftigen Konflikt auf dem Schulhof gegeben, in dem Kinder russischer und nicht-russischer Herkunft sich beschimpft haben und in der Folge aufeinander losgegangen sind. Die Nachrichten und wohl auch Reaktionen der Elternhäuser haben sich in dieser Auseinandersetzung gespiegelt.

Unser aller Aufgabe muss es nun sein, die Kinder in ihren Gedanken und Sorgen ernst zu nehmen und zu begleiten.
Wir als Schule werden dies tun und dabei sehr deutlich machen, dass alle Kinder und Familien ein wertvoller Teil unserer Schulgemeinschaft und dass alle Menschen den Regeln eines friedlichen Zusammenlebens verpflichtet sind. Der Fachunterricht darf und muss dafür ggf. auch einmal hintenan gestellt werden. 

Ich bitte Sie, uns darin zu unterstützen: Sprechen Sie mit Ihrem Kind und lassen Sie es mit den Nachrichten nicht alleine.

Fassungslos las ich diese E-Mail. Kinder spiegeln uns und unser Verhalten und wenn wir nicht sorgsam mit unseren Äußerungen sind, stacheln wir die Kleinsten unsere Gesellschaft an zu Hass und Gewalt.

Ich frage mich, wie schaffen wir es als Gesellschaft sprachfähig zu sein, wobei die Situation mich so sprachlos gar hilflos macht?

Selig sind, die Frieden stiften ein Auszug aus den Seligpreisungen. Ein Auszug, der seit Montag am Landesjugendpfarramt hängt. Als ich am Dienstag mit Anne zusammensaß, wollten wir ein Friedenszeichen setzen. Für uns steckt in diesem Auszug etwas proaktives. Frieden fängt bei mir an. Fängt bei uns an.

Damals konnten wir nicht ahnen, dass zwei Tage später der Krieg ausbricht und uns eine Zeitenwende bevorsteht, wie es zuletzt unsere Außenministerin und unser Bundeskanzler schilderten.

Eine Zeitenwende, die erhöhte militärische Ausgaben und eine Umstrukturierung der Bundeswehr vorsieht. Und die Militär- und Rüstungspolitik der letzten 20 Jahre mit einem Wochenende beendet und verändert.

Ich hatte gehofft und gebetet, ich könnte jetzt sagen, dass waren schreckliche Tage, aber der Krieg ist vorbei und wir können mit dem humanitären Wiederaufbau beginnen.

Doch es ist Krieg. Und Putin bezeichnete gestern die westlichen Staaten als ein Imperium der Lügen.

Pfarrerin Nora Steen schrieb für den NDR diese Zeilen:

Selig sind die Frieden stiften. So wurde aus einem Rosenmontagsumzug eine Friedensdemo in Köln. So gehen seit Tagen Tausende von Menschen auf die Straße. In diesen Menschen steckt der Friede Gottes, der Wunsch nach einem Ende dieses Krieges, nach Solidarität und Nächstenliebe. Diese Bilder sind derzeit meine Sonnenglasmomente, meine Hoffnung und so lasst uns selbst Friedensstifter sein, auf die Straße gehen, Solidarität zeigen, beten und die Hände den Hilfebedürftigen reichen. Jede und Jeder einzelne von uns.

Schalom

Ein Text von Farina Köpke – Farina ist pädagogische Leitung und Bildungsreferentin

Selig sind, die Frieden stiften.

Das hat Jesus in der Bergpredigt gesagt. Ein paar Worte nur, doch so eine große Aufgabe. Frieden stiften, das bedeutet selbst am Frieden arbeiten. Es reicht nicht zuhause zu sitzen und den Kopf über die Nachbarn oder die Nachrichten zu schütteln. Ohne Widerstand gewinnt der Unfriede, der Streit also und der Krieg.

Jesus hat uns aufgerufen selbst aktiv zu werden.

Frieden stiften beginnt im Kleinen bei uns zuhause. Ärgere ich mich nur über den Nachbarn und schmeiße nachts, wenn es niemand sieht etwas in seinen Garten? Das führt höchstens zu Eskalation. Besser wäre ich stehe auf, gehe auf meinen Nachbarn zu und suche das Gespräch. Versuche dabei nicht nur meine Meinung durchzudrücken, sondern höre zu. Es kann gut sein, dass ich mehrere Anläufe brauche, aber vielleicht finden wir zusammen einen Kompromiss.

Frieden stiften zwischen Ländern ist natürlich schwieriger. Die Politiker*innen und Wirtschaftsmächte spielen da die ausschlaggebende Rolle. Vielleicht kann ich mir bei ihnen Gehör verschaffen, indem ich mich mit anderen zusammen tue, Petitionen unterschreibe, demonstrieren gehe, mein Konsumverhalten überdenke.

Frieden stiften muss von mir aus kommen und kann nur zusammen mit anderen gelingen. Ein Weg ist auch sich zusammen im Gebet an Gott zu wenden.

Betet mit uns

Gott,
ich kann es kaum fassen.
Menschen bekämpfen Menschen.
Schwestern und Brüder,
Eltern und Kinder
liegen weinend und verzweifelt da,
sind verletzt und sterben.
Selig sind, die Frieden stiften.
Ich fühle mich machtlos.
Was kann ich tun?
Ich habe Angst.
Wie kann ich meine Familie und meine Freunde beschützen?
Ich möchte Frieden stiften,
bei mir, in meiner Umgebung, in der Welt.
Ich bitte dich:
Hilf mir.
Hilf meinen Lieben.
Hilf unserer Welt.
Schenke den Politiker*innen einen Blick für den Weg zum Frieden.
Schenke den Wirtschaftsmächten Ideen, die dem Frieden dienen.
Schenke den Menschen ein sicheres Zuhause.
Wo wir versagen, springe du uns zur Seite.
Stifte Frieden unter uns.
Amen

Ukraine-Konflikt: Bischof Thomas Adomeit ruft zu Friedensgebeten und Glockengeläut auf

Krieg kennt nur Verliererinnen und Verlierer

Angesichts der sich immer weiter zuspitzenden Konfliktlage an der Grenze zwischen der Ukraine und Russland hat der Bischof der Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg, Thomas Adomeit, zu Friedensgebeten und gemeinsamem Glockengeläut im Oldenburger Land aufgerufen.

Für den kommenden Freitag, 25. Februar, um 18:00 Uhr ruft Bischof Thomas Adomeit die Kirchengemeinden der oldenburgischen Kirche zu einem gemeinsamen Glockengeläut und anschließender Andacht auf. „Bei den wenigen Handlungsoptionen, die uns als Kirche in dieser Situation gegeben sind, sollten wir diesen Raum für das Gebet öffnen, um Menschen in ihrem Hoffen und Bangen einen Ort anzubieten – einen Hoffnungsraum“, so Adomeit. „Lassen Sie uns gemeinsam dafür beten, darauf hoffen und (er)warten, dass es eine friedliche Lösung des Russland-Ukraine-Konfliktes gibt“, so Adomeit in einem Schreiben an die Pfarrerinnen und Pfarrer und die Kirchengemeinden der oldenburgischen Kirche.

Der Blick in Richtung Osten zeige, wie brüchig der Frieden ist, so Bischof Adomeit. „Wir erleben gerade einen sich möglicherweise in die Katastrophe hochschaukelnden Konflikt an der Grenze zwischen der Ukraine und Russland. Ein Krieg in unserer Nähe ist wieder im Bereich des Möglichen! Sollte es so weit kommen, werden viele Menschen ihr Leben verlieren – durch Krieg in Europa. Das ist eine unerträgliche Vorstellung. Zudem wissen alle Beteiligten, dass ein Krieg nur Verliererinnen und Verlierer kennen wird, da Gewalt nie eine Lösung sein kann. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass Gewalt immer nur wieder neue Gewalt hervorruft.“

In dem Schreiben heißt es weiter: „Lassen Sie uns einladen an unsere je eigenen Orte zur Begegnung mit einer Hoffnung, die in aller Sprachlosigkeit Worte finden kann und zu jeder Zeit ein Gegenüber hat – Gott sei Dank.“ Im Gebet seien die Menschen im Oldenburger Land verbunden mit vielen Christinnen und Christen in Niedersachsen, deutschlandweit und auch weltweit, betont Adomeit.

Hier finden Sie Anregungen und Vorlagen für Friedensgebete zum Konflikt an der Grenze zwischen der Ukraine und Russland im Format PDF.

Vorschlag der EKD für ein Friedensgebet zur Situation an der ukrainischen Grenze

Weitere Gebetsvorschläge

Pressemeldung der Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg