Präambel
„Lasst doch die Kinder zu mir kommen, hindert sie nicht daran! Denn für Menschen wie sie ist das Reich Gottes da.“ (Markus 10,14; Basisbibel)
Dieses Jesuswort unterstreicht: „Du bist ein Geschöpf, ein Kind Gottes und in deiner Einzigartigkeit von Gott angenommen und geliebt“. Jedem Menschen – egal wie jung oder alt, welchen Geschlechts, welchen Bildungsgrads, ob ehrenamtlich oder hauptamtlich – kommen dadurch der gleiche Wert, Respekt und die Möglichkeit zur Glaubensbildung zu.
In dieser Einzigartigkeit und mit dieser Unterschiedlichkeit sind wir Kirche und gestalten Kirche.
Die durch Jesus zugesprochene besondere Stellung der Kinder fordert, von ihrem Blick auf die Welt zu lernen. Dazu bringen wir uns mit unseren jeweiligen Fähigkeiten und Begabungen ein, ermöglichen Beteiligung und schenken einander Wertschätzung.
Kirche hat die Aufgabe, Gottes Wirken in der Welt erfahrbar zu machen. Das geschieht durch Wort und Tat. Dafür bietet und ermöglicht unsere Kirche Räume für Spiritualität, Gemeinschaftserfahrung und Persönlichkeitsentwicklung.
Daraus ergeben sich Konsequenzen für die Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen.
Ziele und Hinführung
Die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen dient dem in § 11 SGB VIII genannten Ziel, junge Menschen in ihrer Entwicklung und ihrer Sinnsuche zu fördern. Es ist Aufgabe von Menschen aller Generationen dieses Anliegen ernst zu nehmen. Dazu braucht es Aufmerksamkeit und Sensibilität auf allen Seiten. Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene sind dabei ihre eigenen Expert*innen.
Diese Gemeinsame Konzeption ist in einem langen Prozess entstanden und versteht sich insofern als „gemeinsam“, als sie von Vertreter*innen aus Kirchengemeinden, Kirchenkreisen, Verbänden und der gesamtkirchlichen Ebene im Dialog entwickelt worden ist. Viele Stimmen, Meinungen und Perspektiven sind eingeflossen. Es handelt sich somit um ein Papier, das im Miteinander entstanden ist und so auch kontinuierlich weiterentwickelt werden soll.
Die Konzeption ist also nicht statisch, sondern setzt vielmehr einen Rahmen im Sinne eines „Grundgesetzes“ und ermöglicht, ermutigt und lädt zum Dialog aller Beteiligten ein. Dabei sind Konzeption und Ordnung immer zusammen zu betrachten.
Lebenswelt junger Menschen
Jeden Tag treffen sich junge Menschen an Orten unserer Kirchengemeinden und Kirchenkreise sowie in Jugendverbänden (Evangelische Jugend Oldenburg (ejo), Christlicher Verein Junger Menschen (CVJM Landesverband Oldenburg e.V.), Verband Christlicher Pfadfinderinnen und Pfadfinder (VCP Bezirk Oldenburg e.V.), Entschieden für Christus (EC)) Dabei kommen sie mit unterschiedlichen ehrenamtlichen und hauptamtlichen Personen in Kontakt.
Diese Konzeption richtet ihren Blick vor allem auf die junge Generation. Sie schaut auf die Fragen und Bedürfnisse von Kindern, Jugendlichen sowie jungen Erwachsenen in ihren Rollen als Teilnehmende, Mitarbeitende, Konfirmand*innen und leitet daraus ab, welche Wünsche und Bedarfe sie haben, aber auch welche Herausforderungen sich ihnen stellen.
Die Konzeption verliert darüber hinaus nicht die jungen Menschen aus dem Blick, die bislang wenig Berührungspunkte zu kirchlichen/verbandlichen Angeboten und insgesamt zum christlichen Glauben haben.
Die Lebenswelt junger Menschen hat eine besondere Prägung. Darin verschmelzen analoge und digitale Welten zu einer einzigen Realität. Sich mit Freund*innen zu treffen, den nächsten Ausflug oder die nächste Aktion zu planen, findet nicht nur in der Schule oder in Präsenztreffen statt. Die sozialen Medien und Videokonferenztools übernehmen dabei eine verknüpfende Rolle, um sich zu organisieren und Absprachen zu treffen. Der Umgang mit diesen Medien ist den Digital Natives von klein auf mit in die Wiege gelegt.
Diese Prägung gilt für (fast) alle jungen Menschen und ist unabhängig von den konkreten Lebensumständen. Gleichzeitig hat sie ihre eigenen, besonderen Herausforderungen:
Die Fülle der Einträge und Themen in den Sozialen Medien birgt die Gefahr einer Reizüberflutung und einer psychischen Überforderung. Digitale Inhalte werden innerhalb von Sekunden geliked oder geswiped – also bewusst weggewischt. Welche Auswirkungen diese Schnelllebigkeit für die Teilnahme an analogen Angeboten hat, ist noch nicht ausreichend untersucht. Beobachtungen aber zeigen, dass es jungen Menschen in der Flut der Möglichkeiten zunehmend schwerer fällt, sich für ein Angebot zu entscheiden.
Digitale Räume ersetzen dabei die analoge Welt nicht, sondern können diese erweitern, wann immer sie inhaltlich, den jungen Menschen oder aus organisatorischen Gründen Vorteile bieten.
Nicht zuletzt durch komplexe globale Herausforderungen benötigen junge Menschen auf ihrem Lebensweg sichere und offene Räume, in denen sie angstfrei lernen, sich ausprobieren und weiterentwickeln können. Das ermöglichen authentische Vorbilder und Begleiter*innen, von denen sie Annahme, Wertschätzung, Respekt, Ermutigung und Zuspruch erfahren – Vorbilder, die Halt bieten und einen Weg aufzeigen, sich in der Welt zu orientieren.
Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene wollen gleichberechtigt bei Themen wie z. B. Nachhaltigkeit, sozialer Gerechtigkeit und finanzieller Sicherheit mitbestimmen und ihre Kompetenzen einbringen.
Junge Menschen sind auf der Suche nach spirituellen oder religiösen Erfahrungen. Dabei ist erkennbar, dass es nicht den einen Weg zu Glauben und Spiritualität gibt, sondern beides zunehmend individualisiert und nicht zwingend an bestimmte Formen oder Gebäude geknüpft wird. Die Konfirmand*innenzeit und auch der Religionsunterricht an Schulen übernehmen hier eine sehr wichtige Rolle.
Partizipation ist der Weg
Partizipation ist die Beteiligung an der Gestaltung und Entscheidungsfindung von Menschen aller Alters- und Herkunftsgruppen auf allen Ebenen unserer Kirche.
Als Haupt- und Ehrenamtliche, als Mitarbeitende und Entscheidungsträger*innen in der Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen verpflichten wir uns:
- Zu einer Haltung der generellen Wertschätzung,
- durch die wir alle mitnehmen, die sich im selbst gesteckten Umfang einbringen und mitwirken.
- indem Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene
- ihre eigenen Expert*innen sind, die gehört, wahrgenommen und ernstgenommen werden.
- Raum, Stimme und Mandat haben, ihre Anliegen, Meinungen und Haltungen mitzubestimmen und mitzugestalten.
- in der die Gemeinschaft aller
- aufmerksam und sensibel für die Bedürfnisse und Bedarfe junger Menschen ist.
- sich um eine Gesprächskultur auf Augenhöhe bemüht, die das Herausbilden von Positionen fördert, Kontroversen aushält und bereit ist, sich für (gemeinsame) Ergebnisse einzusetzen.
- Zu kontinuierlicher Reflexion und der Bereitschaft zum Perspektivwechsel.
- Vielfalt beginnt in den Köpfen der Entscheider*innen. Dazu lassen wir uns auf die Perspektive anderer ein.
- Wir ermutigen und befähigen Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, sich mit ihren Themen und Perspektiven in der Kirche zu engagieren und dabei in einen generationsübergreifenden Dialog zu treten.
- Wir bekennen uns zu einem demokratischen Grundverständnis und leben dies in christlicher Haltung.
- Wir leben eine Kultur der Fehlerfreundlichkeit. Daher trauen wir uns gegenseitig etwas zu und leben eine offene Feedbackkultur, an der wir gemeinsam wachsen.
- Zu einem ausgewogenen Miteinander von Konstanz und Entwicklung.
- Wir fördern Entwicklung und unterbinden sie nicht. Wir üben Geduld und bleiben konstant in der Förderung und Unterstützung. Dabei legen wir besonderes Augenmerk auf die Mitbestimmung und Meinungen aller Beteiligten.
- Wir nehmen uns die nötige Zeit für Reflexion, um zu guten Entscheidungen zu kommen.
- Wir fordern und fördern Denk- und Verhaltensweisen, die die Selbstwirksamkeit und Kompetenzen aller Akteur*innen stärken.
- Zur Integration von Strukturen.
- Wir arbeiten gemeinsam an einfachen und klaren Strukturen in unserer Kirche. Dabei besetzen wir Gremien im Sinne der Partizipation.
- Wir haben eine klare Definition von Entscheidungsbefugnissen, um eine Mitarbeit insbesondere von Ehrenamtlichen attraktiv zu gestalten.
- Wir sorgen für transparente Strukturen, die für alle zugänglich sind. Dabei begleiten wir Interessierte.
Ausgehend von der Grundhaltung der Partizipation schafft die Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen einen Begegnungs-, Diskussions- und Handlungsraum, in denen sie selbst Träger*innen dieses Arbeitsbereiches sind.
Insofern sagen wir im Hinblick auf deren Beteiligung: „Du kannst!“.
- Du kannst mitbestimmen
- Dinge umsetzen
- in Gremien deiner Kirchengemeinde, deinem Kirchenkreis und deinem Verband
- als Mitarbeiter*in
- Du hast Ansprechpartner*innen:
- Ehren- und Hauptamtliche auf allen Ebenen unterstützen, begleiten und beraten dich
- Du kannst mitgestalten und dich ausprobieren:
- z. B. etwas anbieten in Räumen, die du brauchst
- Du darfst etwas Neues erfinden:
- z. B. in Selbstbestimmungsgremien
- Du kannst dich vernetzen:
- durch offene Strukturen
- B mit anderen Jugendverbänden
- Du wirst geschützt:
- vor sexualisierter Gewalt u.a. durch Schutzkonzepte
- rechtlich (Jugendschutzgesetz)
- Du kannst Geld kosten:
- Ausgabenerstattung (Ehrenamtsgesetz)
Das Engagement junger Menschen wird auf vielseitige Weise in der Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg unterstützt. Hier einige wichtige Stichworte:
Akteur*innen und ihre Rollen
Wo Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene sich an Kirche beteiligen, treffen sie auf verschiedene Akteur*innen, die sie direkt oder am Rande begleiten und unterstützen. Dazu gehören:
- die eigene Familie, Freund*innen und Pat*innen,
- die katechetischen Lehrkräfte an Schulen,
- die in der Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen mitwirkenden ehrenamtlich Mitarbeitenden,
- weitere ehrenamtlich mitarbeitende Akteur*innen unserer Kirche,
- hauptamtlich mitarbeitende Akteur*innen unserer Kirche.
All diese Personen haben eigene, besondere Rollen:
Die Familien, Freund*innen und Pat*innen sind im familiären Umfeld für die jungen Menschen wichtige Bezugspersonen. Als Begleiter*innen geben sie Sicherheit und stärken ihnen den Rücken.
Der erste Kontakt mit der Kirche findet für Kinder häufig in Kindertagesstätten, im Religionsunterricht oder im Kindergottesdienst statt. Dabei spielen die Eltern eine wichtige, vermittelnde Rolle. Es ist wichtig, dieses Engagement wertzuschätzen und mit den Eltern zusammenzuarbeiten.
Um Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene für Glauben und Kirche zu begeistern, haben katechetische Lehrkräfte eine wichtige Funktion. Im Religionsunterricht sind sie als Ansprechpersonen und Mentor*innen im ständigen Kontakt mit Schüler*innen.
In der Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und junge Erwachsene mitwirkende Ehrenamtliche sind in verschiedenen Bereichen unserer Kirche aktiv. Unter den Ehrenamtlichen gibt es verschiedene Altersgruppen, die Sicherheit geben und Verantwortung für junge Menschen übernehmen. Verantwortung für andere zu übernehmen, kann herausfordern und überfordern. Daher werden Ehrenamtliche, die im Kontakt mit Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen stehen, dabei begleitet, befähigt, und gestärkt.
Pfarrer*innen, Diakon*innen und andere Hauptamtliche übernehmen verschiedene und vielfältige Rollen. Sie sind Lobbyist*innen für Kinder Jugendliche und junge Erwachsene und begleiten sie. Außerdem schaffen sie Angebote und ermöglichen Räume und Ressourcen. Hauptamtliche des Kreisjugenddienstes sind Ansprechpersonen für Kinder und Jugendliche im Kirchenkreis. Sie arbeiten mit Teilnehmenden und bilden Ehrenamtliche aus. Sie führen Angebote in ihrem Kirchenkreis durch. Sie entwickeln aufgrund der regionalen Besonderheiten ihr eigenes Profil. Sie vernetzten und kooperieren mit anderen Akteur*innen und entwickeln zukunftsfähige Angebote für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene.
Weitere Akteur*innen für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen
Die Gemeindejugend:
Die im Bereich der Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg Aktiven der evangelischen Gemeindejugend bilden den Verband Evangelische Jugend Oldenburg (ejo).
Jugendkammer:
Die Jugendkammer besteht aus delegierten Ehrenamtlichen aus derzeit folgenden Jugendverbänden: Evangelischen Jugend Oldenburg (ejo), Christlicher Verein Junger Menschen (CVJM Landesverband Oldenburg e. V.), Verband Christlicher Pfadfinderinnen und Pfadfinder (VCP Bezirk Oldenburg e. V.), Entschieden für Christus (EC).
Die Jugendkammer wird vom Landesjugendpfarramt begleitet. Sie nimmt die Interessenvertretung der Evangelischen Jugend in der Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg innerhalb der Kirche und gegenüber der Öffentlichkeit wahr.
Kreisjugenddienste:
Die Mitarbeitenden des Kreisjugenddienstes setzen sich für Partizipation und Mitbestimmung von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen ein.
Sie gestalten ihre Arbeit gemeinsam mit den Selbstvertretungsgremien der Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen, den Ehrenamtlichen, den Kirchengemeinden und dem Kirchenkreis. Sie nehmen die theologische Beratung des/der Kreisjugendpfarrers*in in Anspruch.
Sie erstellen im Gespräch mit haupt- und ehrenamtlichen Vertreter*innen des Kirchenkreises ein an den Bedürfnissen von Kindern, Jugendlichen, jungen Erwachsenen und den im Kreisjugenddienst versammelten Fähigkeiten und Kompetenzen orientiertes Angebotsportfolio. Dieses beinhaltet die Bildungs- und Beratungsangebote für ehrenamtliche Mitarbeiter*innen, Kirchengemeinden, Kirchenkreis und auf gesamtkirchlicher Ebene.
Landesjugendpfarramt:
Das Landesjugendpfarramt begleitet die hauptamtlichen Mitarbeitenden in der Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen in der Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg. Zudem ist das Landesjugendpfarramt die Geschäftsstelle der Evangelischen Jugend Oldenburg (ejo).
Daneben ist das Landesjugendpfarramt zuständig für die Förderung, Vernetzung und Weiterentwicklung von gesellschaftlich und gesamtkirchlich bedeutsamen Themen der Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen.
Das Landesjugendpfarramt sorgt für die Vernetzung mit anderen Landeskirchen und weiteren Institutionen und Gremien der Kinder- und Jugendarbeit auf Landes- und Bundesebene sowie in der weltweiten Ökumene.
Stand: März 2023