Kirche Tag und Nacht – WG bei „Kirche mal (wo-)anders“
Es gibt diese Momente, die eine Kollegin immer liebevoll „Pralinen-Momente der Arbeit“ nennt und genau solch einen durfte ich am Wochenende vor dem Reformationstag erleben.
Ich war mit einer kleinen Gruppe von jungen Erwachsenen unterwegs in den Niederlanden, genauer in Oosterbierum kurz vor Harlingen. Aber eben nicht irgendwo auf einem Segelschiff, sondern in einer umgebauten Kirche. Es war früher eine kleine Kirche, mitten in einem kleinen ruhigen Dorf, aber heute ist es eine Ferienwohnung. Und was für EINE!
Ich komme durch einen verwinkelten und leicht verwilderten Garten auf eine rote Tür zu, eine rote Holztür. Neben mir eine Sitzecke, Hühner und über mir grüne Blätter und Birnen. Beim Blick nach oben erahne ich schon: Hier ist ein besonderer Ort! Ich erkenne ein kleines Türmchen, hohe Fenster und sandfarbenen Backstein.
Hinter der roten Holztür dann eine kleine Halle, oder sagen wir lieber, ein Vorraum, mit einer Treppe nach oben zur Empore. Hier gibt es zwar noch eine Orgel, aber auch zwei Schlafzimmer mit einem Blick in den umgebauten Kirchraum. Und der öffnet sich hinter der Schwingtür des Vorraums.
Rechts stehe ich vor einer offenen Küche, links vor einem weiteren Schlafzimmer und der seitlichen Empore mit Sofa, Bücherregal und Fernseher. Vor mir ein langer Tisch mit Kerzenleuchter, hinter der Küche noch eine Sofaecke und dann alte Kirchenbänke. Mein Blick wandert nach vorne und ich sehe die alte Kanzel vor mir, links davon ein Billiardtisch! Ich drehe mich um: Ja! Die Orgel ist noch da und daneben die beiden Fenster zu den Schlafzimmern. Hinter der Kanzel, noch eine Tür zu den weiteren Schlafzimmern. Was für eine Kirche denke ich!
Ehrlich gesagt: Ich habe mich sofort wohl gefühlt und gespürt, dass es dem Rest der Gruppe genauso ging. Wir alle wussten, wir sind in einer Kirche, nur dass diese eben gemütlich war. Dazu passte, dass draußen an die Scheiben – dahinter befindet sich noch eine Terrasse mit einem Fahrradschuppe darunter – der Regen prasselte und der Wind an den Bäumen rüttelte. Einfach nur schön!
Ich möchte gar nicht viel mehr erzählen, ich glaube meine Beschreibung der Kirche spricht schon für sich. Nur so viel: Ich habe in dieser „Kirchen-WG“ das verlängerte Wochenende vor dem Reformationstag verbracht. Inhaltlich waren die Tage geprägt von unser aller Ideen davon, in welchen Bereichen wir die Kirche gerne reformieren würden und wie das konkret aussehen kann. Mit unterschiedlichen kreativen Methoden haben wir uns Fragen und Handlungsfeldern genähert, immer wieder inspiriert durch diesen besonderen Ort.
Wir lebten die Tage als echte WG zusammen, haben gemeinsam das Essen geplant, eingekauft, gekocht, für Ordnung gesorgt, uns eingebracht und die Zeit in der Gemeinschaft genossen. Die Tage waren lang, die Nächte für ein paar von uns vielleicht noch länger. Schließlich laden besondere Orte immer zu besondere Gespräche ein.
Ein einmaliges Wochenende mit großartigen Leuten unter dem Dach einer einzigartigen Kirche: In dieser Kirche würden wir jederzeit wieder Tag und Nacht verbringen und gerne auch wieder als echte „Kirchen-WG“!
Björn Kraemer
Ich bin Bildungsreferent für Ehrenamtsmanagement sowie Kindeswohl und Prävention sexualisierter Gewalt im Landesjugendpfarramt Oldenburg. Du erreichst mich per Mail (bjoern.kraemer@ejo.de), per Telefon (0160 5571470) oder auf den Kanälen der Evangelischen Jugend (Moin!App, ejoPRO).