Chancenungleichheit in der Freizeitgestaltung
Letzte Woche haben wir vom Team im Landesjugendpfarramt den Weltkindertag mit einer Instagram-Impulsreihe thematisiert. Da ich den Impuls zum Thema „Kinderarmut“ vorbereitet habe, sind mir dazu noch einige Gedanken in Bezug auf die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen gekommen, die ich im kurzen Reel nicht einbringen konnte.
In der Shell Jugendstudie aus dem Jahr 2019 stellte sich heraus, dass die soziale Herkunft, also ob die Kinder und Jugendlichen beispielsweise in einer Bildungsschicht oder in Armut aufwachsen, eine große Rolle in der Freizeitgestaltung spielt. So nehmen Jugendliche aus prekären Verhältnissen weniger an strukturierter Freizeitgestaltung, wie z.B. der Jugendverbandsarbeit, teil. Wichtig anzumerken ist, dass die Ergebnisse dieser Studie vor der Corona-Pandemie entstanden sind. Laut der Copsy-Studie vermehren sich während und nach der Corona-Pandemie außerdem psychische Probleme bei vielen jungen Menschen, die sich, beispielsweise durch Depressionen und soziale Ängste, erschwerend auf ihre Freizeitgestaltung und soziale Beziehungen auswirken. Diese Folgen zeigen sich dabei jedoch unabhängig der sozialen Herkunft.
Diese Ergebnisse zeigen, dass es aus vielerlei Hinsicht eine Herausforderung für Kinder und Jugendliche sein kann, ihre Freizeit zu strukturieren. Dabei können sich verschiedene Angebote der Freizeitgestaltung positiv auf die Entwicklung auswirken.
Da Freizeitangebote, wie beispielsweise Jugendverbände, viele Möglichkeiten für das Erproben und den Austausch bieten, gehören zu den positiven Effekten in diesem Fall die Entwicklung sozialer Fähigkeiten, Identitätsentwicklung und der Aufbau positiver Beziehungen zu Gleichaltrigen und der Aufbau eines sog. Sozialen Kapitals, z.B. durch die Unterstützung von Erwachsenen.
Doch die Mitgliedschaft im Verein kostet oft Geld, verschiedene Freizeitangebote finden nicht direkt vor der Haustür statt, sodass sie manchmal gefahren werden müssten. Außerdem kostet es Kraft sich nach einem langen Schultag noch einmal zu einer weiteren Aktivität zu motivieren.
Wer sich das, nicht nur in finanzieller Hinsicht, nicht leisten kann, hat möglicherweise einen gesellschaftlichen und persönlichen Nachteil im Leben und der Entwicklung.
Das Fehlen von vielseitigen Ressourcen macht sich bemerkbar und Kinder und Jugendliche, die von Armut betroffen sind, haben auch hier ungleiche Chancen.
Doch was hat das mit unserer Arbeit in der evangelischen Kinder- und Jugendarbeit zu tun?
Wenn man mich fragt: sehr viel!
An manchen Stellen können wir die Strukturen unserer Arbeit und unserer Maßnahmen hinterfragen:
Wen erreiche ich damit? Wer hat die Ressourcen teilzunehmen? Wie kann ich mein Projekt niedrigschwelliger gestalten, um auch die anzusprechen, die noch keine Vorstellung von meiner Arbeit haben?
Ich habe auch nicht alle Antworten dafür parat, doch sich mit dieser Thematik und dieser Zielgruppe auseinanderzusetzen kann bereits helfen. Aufsuchende Arbeit finde ich in diesem Kontext ebenfalls wichtig, um in den Kontakt zu treten und sichtbar zu sein. Viel Potenzial für eine größere Chance, dass alle Kinder und Jugendliche die Angebote der kirchlichen Kinder- und Jugendarbeit nutzen können, werden bereits genutzt. Doch je öfter wir unsere Schwellen hinterfragen, desto mehr Spielraum für neue und inklusivere Ideen eröffnet sich.
Bild: generiert mit Hilfe von Midjourney
Dana Janssen
Dana Janssen war Mitarbeiterin im Arbeitsbereich "Kirchliche Sozialraumarbeit".